Der Schneesturm

Eine irrlichternde surrealistische Geschichte mit zeitweise realistischen Partien. Sie spielt in Russland.
Doktor Garin muss in ein kleines Kaff (Dolgoje) in der tiefsten russischen Provinz, um dort die grassierende Epidemie (bolivianischer schwarze Pest), die aus Menschen blutrünstige Zombies macht, durch Impfungen zu bekämpfen.
Der Weg dorthin gestaltet sich schwierig, letztlich wird das Ziel auch nicht erreicht.
Der öffentliche Personennahverkehr ist mangels Verkehrsmitteln (alle Pferde, die zur Verfügung stünden, sind erschöpft wegen Überanstrengung und ständigen Schneefalls).
Nur einer will mit dem Doktor die eher kurze Strecke (17 Werst)bewältigen, ein Fuhrmann, genannt Krächz. Er spannt seine 50 Zwergpferde (so groß wie Rebhühner) vor sein „Mobil“, das über eine „Kaube“, was auch immer das sein soll, verfügt. Die Reise durch den ständigen Schneefall beginnt. Sie wird allerdings sehr erschwert durch Unvorhergesehenes und technische Gebrechen. Es begegnen den Reisenden: ein zwergenwüchsiger Müller, vor allem dessen Frau (normalwüchsig), die Dopaminierer mit ihren Produkten, lebendgebärender Filz, ein erfrorener Riese, in dessen einem Nasenloch sich die Kufe des „Mobils“ verfängt und schließlich Chinesen. Und ständig schneit es. Da wundert es einen nicht, wenn wiederholt der Weg nicht mehr erkennbar ist und verfehlt wird.
Die Geschichte lässt einen nicht los. Man wird gezwungen, das Werk (206 Seiten) ohne Unterbrechung zu lesen. Ist das ein Blick in das aktuelle Russland und seine Zukunft?
Jedenfalls ein Lesevergnügen. Bei aller eher versteckten Gesellschaftskritik hat Sorokin mich sehr stark an Daniil Charms erinnert
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Vladimir Sorokin "Der Schneesturm", 206 Seiten, Kiepenheuer&Witsch

Aule 12.04.2015 fec.